Adolf Jahn

Max-Schneckenburger- Denkmal in Tuttlingen, 1892



germaniastandbild

Max- Schneckenburger- Denkmal, Tuttlingen

Die Photographie stammt vom Museum der Stadt Tuttlingen.






germaniaenthüllung

Enthüllung des Max- Schneckenburger- Denkmals
1892 im Stadtgarten von Tuttlingen.
Der Prinz von Weimar hatte die Patenschaft für die Spendensammmlung übernommen.

Die Photographie stammt vom Museum der Stadt Tuttlingen.



"Bereits im Jahre 1878 hatte man in national gesinnten Kreisen der  Tuttlinger Bürgerschaft den Entschluss gefasst, dem aus Talheim stammenden Dichter Max Schneckenburger (1818-49) ein Denkmal zu setzen. Schneckenburgers Gedicht "Die Wacht am Rhein" wurde vertont und hatte als Lied 1870/71 im Krieg gegen Frankreich ungeheure Popularität erlangt. Das erste Denkmal, eine Germania in kämpferischer Pose, wurde 1892 enthüllt und schon bald darauf im Ersten Weltkrieg zu Kanonen umgeschmolzen."

aus: Stadtführer der Stadt Tuttlingen





germaniaadolf
"Am 19.Juni 1892 wird das Denkmal zu Ehren Max Schneckenburgers von Adolf Jahn in Tuttlingen eingeweiht. Wiewohl es sich um ein bürgerliches Individualdenkmal handelt, ist nicht der Autor der Wacht am Rhein die Hauptfigur, sondern Germania. Da über das Aussehen des Dichters kaum etwas bekannt gewesen war, hatte der Ausschreibungstext des Denkmals eine "schwungvolle Symbolisierung des Gedichts die Wacht am Rhein" vorgesehen; des Textes und der Melodie, "welche dem Liede Panzer und Schwingen" verlieh. Schneckenburgs Lied sollte also in Denkmalform gegossen, der Text in Ikonographie übersetzt werden. Nur vom Liedtext her ist es gänzlich unverständlich, warum "des Stromes Hüter" ausgerechnet eine Germania sein soll. Schließlich heißt es doch in der zweiten Strophe, daß es der "Deutsche, bieder, fromm und stark" sei, der die "deutsche Landsmark" beschützt, und dieser Soldat wird in der dritten Strophe mit "Er", also der dritten Person Singular maskulinum angeredet. An keiner Stelle des Textes ist von Germania die Rede. Die Wacht am Rhein und der Hüter des Stromes, das ist der Deutsche beziehungsweise die Deutschen, denn Max Schneckenburger überführt in der fünften Strophe den Singular in den Plural:"Wir alle wollen Hüter sein!" Und dennoch ist die Hauptfigur des Denkmals nicht ein Soldat, sondern die allegorische Frau Germania. Somit sind bei dem Tuttlinger Denkmal zwei Eigentümlichkeiten eine Liaison eingegangen. Erstens die Errichtung eines bürgerlichen Individualdenkmals ohne zu ehrendes Individuum, und zweitens die Transkription eines Textes in metallene Form, wobei ein Darstellungstypus erwählt wird, der sich nicht zwanglos aus der literarischen Vorlage ergibt. War man etwa der Überzeugung, daß ein beliebiger Soldat nicht in der Lage sei, den heiligen Strom zu hüten, meinte man, eine größere Schutzmacht in Gestalt einer Germania aufbieten zu müssen? Oder lag es daran, daß ein Soldat exkludierende Effekte gezeigt hätte, denn: in welcher Uniform, mit welchem Rangabzeichen hätte er dargestellt werden sollen, welchem Regiment müßte er angehören und derlei Fragen mehr? Nun, offensichtlich hielt man die Leerstelle Germania für die Visualisierung des "Wir alle" wesentlich geeigneter. Die Exclamatio "Wir alle wollen Hüter sein!" war nicht nur mobilisierend sondern auch integrativ gedacht. "Wir all", das war die deutsche, wehrhafte Nation, die sich auf die "Heldenväter" in den "Himmels Au`n" bezog, und dieses Kollektiv verkörpert sich in Gestalt der Germania, die, auch wenn die letzten Töne der Wacht am Rhein verklungen sein mögen, die deutsche Nation zur Wachsamkeit und zum gerechten Streite mahnt. Schwungvoll scheint sie das Schwert aus der Scheide zu ziehen, das rechte Bein ist leicht angewinkelt und nach vorne gesetzt. Der Liedtext, das Portraitmedaillon und sowie die wenigen Attribute der Jahnschen Allegorie bilden ein komplexes Verweisungssystem. Das Individualdenkmal mutiert zum nationalen Denkmal. In Germania und erst dann in Schneckenburger feiert sich die Nation selbst und singt solch passende Lieder wie `Richte Dich auf, Germania´ und `Hurrah Germania´. Vielleicht aber unterliegt dem Tuttlinger Germaniadenkmal auch ein geheimes Zitiersystem, das die Wahl der Allegorie erklären könnte. Neun Jahre zuvor war das Niederwalddenkmal eingeweiht worden, dessen Hauptfigur ebenfalls eine Germania ist. Auf dem Sockel ist der unvollständige Text von Schneckenburgers Lied eingraviert. Auf der dortigen Einweihungsfeier wurde unablässig betont, daß die Rüdesheimer Germania die Wacht am Rhein hält. Was läge näher, als die Wacht am Rhein beim Tuttlinger Ehrenmal ebenfalls in Gestalt der Allegorie zu modellieren?"

aus: Lothar Gall, 1993: Die Germania als Symbol nationaler Identität im 19. und 20. Jahrhundert, Bibliothek der Universität Halle




Frau Moll vom Museum der Stadt Tuttlingen schickte mir dankenswerterweise das Bild des 1892 aufgestellten und 1918 abgebauten Denkmals und das Bild von der Einweihung des Denkmals, sowie den Text aus dem Stadtführer der Stadt Tuttlingen.
Es existieren nach Aussage von Frau Moll noch einige kleinere Kopien der Germania- Figur.
Eine davon steht vor dem Max- Schneckenburger Haus in Talheim (Kreis Tuttlingen),
dem Geburtshaus von Max Schneckenburger.
Herr Hall, Bürgermeister von Talheim, stellte mir die folgenden Bilder der Statue zur Verfügung.


kleinegermaniaeins





kleinegermaniazwei
kleine germaniadrei
kleinegermaniavier

zum Seitenanfang